Seit kurzem geistern mal wieder Dekadenz und Niedergang des Römischen Reichs durch die Medien. Außenminister Westerwelle hat kritisch darauf verwiesen und irgendwie eine Verbindung zwischen Hartz-IV-Empfängern und römischem Plebs gezogen, der auch nicht mehr arbeiten wollte und statt dessen mit Brot und Spielen bei Laune gehalten werden musste.
Allerdings ist das Römische Imperium nicht an seinen faulen Plebejern zugrunde gegangen, sondern weit mehr an den Superreichen, die weder Steuern entrichteten noch dem Militärdienst nachkamen.

In dem Artikel zum Übergang von der
Wehrpflicht zum Söldnerdienst in Rom kann man nachlesen, wie sich die Mächtigen zuerst den "ager publicus" als Latifundien unter den Nagel rissen; die römischen Bauern, militärisch das Rückgrat der Legionen, wurden damit gezielt ruiniert. Tja und so musste man schließlich auf Söldner setzen, da es ja kaum noch Bauern gab. Diese Söldner funktionierten auch sehr gut, so lange man sie mit der Beute der Eroberungen bezahlen konnte. Erst als man keine Beute mehr machen konnte (die Superreichen bezahlten ja keine Steuern), ging dann alles vor die Hunde.
Es ging also darum den faulen Plebejern das Brot wegzunehmen, sondern viel mehr den Superreichen ihre Latifundien, um diese an potentielle Bauern zu verteilen. Und genau dies versuchten ja viele Reformer immer wieder zu tun – allerdings mit sehr mäßigem Erfolg.
Herr Westerwelle und seine Klientelpartei sind meiner Ansicht nach nun wieder fleißig dabei dafür zu sorgen, dass die Reichen noch reicher werden und noch weniger Steuern bezahlen. Mehr kann man Geschichte kaum verdrehen.
Außerdem war der römische Pöbel nie dekadent, dazu ging es ihm immer viel zu schlecht; richtig dekadent und moralisch absolut verkommen war dagegen die winzig kleine Oberschicht, die praktisch allen Wohlstand an sich gerissen hatte.